Claus Beese: Poesie der Meere (Ostsee 1) – Gedichte aus dem Ostseeland

Claus Beese wurde 1955 in Bennigsen am Deister in Niedersachsen geboren und lebt seit Langem in der Freien und Hansestadt Bremen. In seiner Freizeit ist er mit Leib und Seele dem Wassersport verbunden, dessen amüsante Seiten er in seinen Büchern augenzwinkernd zu schildern weiß. Beese erzählt von den kleinen Katastrophen des Lebens, doch auch die großen Unwägbarkeiten weiß er spannend und unterhaltsam an den Leser zu bringen. Lyrische Texte und poetische Verse gehören ebenso in das Repertoire seiner Bücher, wie amüsante Abenteuer an Bord seines Bootes auf der Ostsee. Der Bremer kann inzwischen auf eine Reihe von Veröffentlichungen als Autor in diversen Anthologien, 13 eigenen Verlags-Buchveröffentlichungen als Autor und 3 Anthologien als Herausgeber blicken.


Claus Beese
Poesie der Meere (Ostsee 1) – Gedichte aus dem Ostseeland

Gedichte und Lyrik

Blick ins Buch


Widmung

Dieses Büchlein widme ich all den Menschen,

die wie ich mit Herz und Seele dieses Meer lieben,

mit allem, was daran, darauf und darin ist.


Es wächst in mir, es zieht mich und zerrt,

was ist es nur, das den Wunsch in mir nährt

alles stehen und liegen zu lassen,

um nach einem anderen Leben zu fassen?

Längst ist mein Dasein nur noch eine Qual,

nicht mehr richtig, was früher meine Wahl.

Was nützt der Beruf, der einen ernährt,

wenn man ihn nicht als Berufung erfährt?

Auch drückt mich so sehr des Alltags Last,

hab ich die Zeit für den Absprung verpasst?

Hier habe ich mein Leben, Familie und Brot,

was hätte ich dort? Hunger und Not?

Haus und Hof nur noch als Last zu sehen,

weil sie in der falschen Umgebung stehen.

Nein, nicht hier will ich mehr leben,

meine Seele möcht nach anderem streben.

Ein Häuschen, eine Kate, gemütlich und klein
könnte es, mit Verlaub, genauso gut sein.
Das würde mich nicht wirklich stören,

würd sie nur in eine andere Gegend gehören.

Am Strand der Ostsee, ein kleiner Nachen,
nicht groß, damit könnt’  ich es machen,
mit Reusen und Netz die Fische jagen,
anstatt jeden Tag über den Stress zu klagen.

Vielleicht ein Boot, mit Motor und Segel,
ist man erst hier, gilt die eiserne Regel:
Ob auf der Schlei oder dem Meer –

jage stets dem Fisch hinterher.

Auch würde ich gerne folgen dem Wind,
denn als des Meeres wahrem  Kind,
könnte man mir wohl kaum vorgaukeln,
es gäb Besseres, als auf den Wogen zu schaukeln.

Wenn Meer und Himmel eines sind,
man nicht weiß, wo das eine beginnt
und vielleicht das andere endet,
ist man von so viel Weite geblendet.

Gott schuf wohl die Zeit, der Mensch die Uhr,
doch auf dem Wasser und in der Natur
gilt weder Minute noch Stunde noch Tag,
wenn man mit den Elementen zu leben vermag.

Und trüge mein Schiff einen Drachenkopf,
so würde ich bedauern den armen Tropf,
der, anstatt mit mir an Bord zu sitzen,
muss Tag für Tag am Schreibtisch schwitzen.

Ich würd als Händler reisen über das Meer,
holte mit meinem Knorren eine Ware her,
würde eine andere woanders hin bringen,
und um den Preis feilschend, meine Streitaxt schwingen.

Statt am Kragen den Schlips ständig gerade zu rücken,
würde mich Thors Hammer am Halse schmücken.
Und mit dem Steuerruder fest in der Hand,
würd ich Eriks Kurs folgen ins Wikingerland.

Noch ist es ein Traum, der die Seele erquickt.
Soll niemand sagen, ich wäre verrückt.

Denn dann, wenn ich keine Träume mehr hätte

könnt’ man mich tragen zu meiner Grabstätte.

Und vielleicht doch, an einem fernen Tag,

wenn mein Geschick es so mit mir mag,
werde ich fliehen, zu Förden und Stränden,
zum blauen Meer mit den weißen Sänden.

Zum Gelb der Felder, wenn der Raps erblüht,

zu den Fischern der Küste, wenn der Hering zieht.

Mein Herz würde hüpfen, vor Freude laut lachen,

ja, ich denke, genau so würd ich es machen.


Weißt du wie es ist, wenn dein Traum dich küsst?

Das Kanaltor sich öffnet und du zu Hause bist?

Das Wasser der Förde, der Möwen Geschrei,

sie rufen dir zu: Willkommen, sei daheim und frei!

Weißt du wie es ist, wenn die Wellen dich heben,

und du meinst, es wäre ein ganz anderes Leben?

Wenn sie wiegen und schaukeln dich und dein Schiff,

du dich reckst und streckst, und ein ganz anderer bist?

Weißt du wie es ist, wenn der Leuchtturm dir blinkt?

Wenn jede Woge dich grüßt, jedes Ufer dir winkt?

Des Meeres Blau, das Gelb der Felder im Wind,

das Grün der Wälder deine Lieblingsfarben sind?

Weißt du wie es ist, das Meer zu befahren, das dir lacht?

Auf einem Kurs, der deine Seele singen macht?

Entlang einer Küste, die dich weinen lässt?

Zu einem fremden Ziel, das du so vermisst?

Weißt du, wie es ist, zu sein, wer du einst gewesen,

bevor du darüber in einem alten Buch hast gelesen?

Es dich zieht zu tun, was du schon früher getan?

Wenn dein Boot zum Knorren wird, zum Wikingerkahn?

Weißt du wie es ist, dich hier zu Hause zu fühlen?
Die Glut im Kopf mit den Füßen im Meer zu kühlen,

dich nie schmückst, doch den Hammer auf deiner Brust,

den du fandest in Jütland, einfach tragen musst?

Weißt du wie es ist, wenn volle Segel sich blähen,

wie du es bei der Snække* schon damals gesehen?

Wenn du am Ruder stehst und den Kurs anlegst,

deine Seele dich führt, du dich nach Hause bewegst?

Weißt du wie das ist, wenn du findest die Räume,

wo früher ein Hafen, sind jetzt nur Gras und Bäume.
Wenn du möchtest die Axt zum Himmel strecken

und Götter beschwören, Berserker und Recken.

Weißt du wie es ist, wenn deine Gedanken dich tragen,

über hölzerne Stege, Kajen und Stellagen,

du deine Freunde grüßt und nach den Seiten winkst,

du mit dem Jarl** ein Horn süßen Met austrinkst?

Weißt du wie es ist, wenn du die Stimmen vernimmst,

die deinen Namen rufen, den du selber nicht kennst?

All das, was einst war hier am Ende der Bucht,
du nie mehr finden wirst, obwohl du es immer gesucht?

Weißt du wie es ist, zu wissen, was einst war?

Zu erkennen, die Zeit ist so fern und doch so nah?
Tausend Jahre gingen inzwischen dahin,
gibt das Erinnern und Sehnen heute noch Sinn?

Weißt du wie es ist, wenn dieser Traum geschieht?

Das Tor der Schleuse sich öffnet und die Zeit dich sieht?

Vor dir die Förde, die Möwen, die Gischt,

wenn du all dieses hier kennst, weißt du, wer du bist!

* Snække = Langschiff der Wikinger

** Jarl = früherer Fürstentitel in den nordischen Ländern


Das Dichterlein

Der erste Herbststurm kam sehr früh,
es trieb mich an den Strand.
Kein Hühnergott, kein Donnerkeil,
kein Bernstein lag im Sand.

Doch hatte die Ostsee ein Präsent,
das gab mir stark zu denken,
einen Bleistift spülte sie an Land,
den wollte sie mir schenken.

„Dichterlein“, rauschte das Meer,
„hör nicht auf zu schreiben.
Deine Verse les ich gern,
sollen unvergessen bleiben.“


Das Buch ist als Taschenbuch im Buchhandel erhältlich.


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